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Patientenzufriedenheit als Maßstab

Patientenzufriedenheit als Maßstab

Prof. Dr. Roland C. E. Francis ist neuer Direktor der Anästhesiologischen Klinik des Uniklinikums Erlangen

Fast 20 Jahre lang ist Prof. Dr. Roland C. E. Francis der Charité – Universitätsmedizin Berlin treu geblieben. Doch nun wechselte der gebürtige Berliner ans Uniklinikum Erlangen. Hier folgt er als neuer Direktor der Anästhesiologischen Klinik Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Schüttler nach. „Erlangen hat für mich alles, was ich mit einer sicheren Zukunft verbinde“, erklärt Roland Francis und meint damit eine solide Förderung wissenschaftlicher Projekte und ideale Forschungsbedingungen für Clinician Scientists – also für Ärztinnen und Ärzte, die parallel zur Patientenversorgung auch forschen.

Prof. Francis war schon als Student wissenschaftlich tätig. „Der exzellente Ruf der FAU und des Uniklinikums Erlangen sind mir schon lange bekannt, ebenso das Medical Valley mit seiner internationalen Bedeutung“, betont er. Forschungsschwerpunkte, die der 46-Jährige vertiefen möchte, sind u. a. die Medizintechnikentwicklung und die experimentelle Erforschung des Zusammenspiels von Lunge und Beatmung. „Beides möchte ich mit dem Ziel vorantreiben, die Beatmung von Intensivpatientinnen und -patienten noch sicherer und schonender zu machen und Schäden zu vermeiden“, erklärt der neue Klinikdirektor. „Erreichen können wir das, indem wir neue Beatmungsgeräte entwickeln und Algorithmen, die sich an die Patientinnen und Patienten anpassen und uns beispielsweise warnen, wenn zu forciert beatmet wird.“ Derzeit werden auf deutschen Intensivstationen jährlich eine halbe Million Menschen künstlich beatmet. Dabei kommt es darauf an, spezifische Komplikationen der Beatmung zu vermeiden; und auch nach überstandener intensivmedizinischer Behandlung gibt es ernst zu nehmende Langzeitfolgen. Diese betreffen bis zu 80 Prozent der Intensivpatientinnen und -patienten und umfassen unter anderem kognitive Beeinträchtigungen wie Wortfindungsstörungen, Gedächtnisverlust, Ängste und eine geringe körperliche Belastbarkeit. Diese Langzeitfolgen werden als Post Intensive Care Syndrome bezeichnet. „Für diese Menschen braucht es Therapieangebote, und das Gesundheitssystem sollte grundsätzlich für dieses Problem sensibilisiert werden“, fordert Roland Francis.

Subjektives Patientenbefinden zählt

Keine Operation findet ohne eine Anästhesiologin bzw. einen Anästhesiologen und anästhesietechnisches Assistenz- oder Fachpflegepersonal statt. Fachärztinnen und -ärzte für Anästhesiologie sind u. a. verantwortlich für Narkosen und dafür, die Vitalfunktionen ihrer Patientinnen und Patienten die ganze Zeit über aufrechtzuerhalten und zu überwachen. Doch Roland Francis ist es wichtig, zu betonen, dass Anästhesiologie nicht nur Narkosemedizin, d. h. Anästhesie im engeren Sinne, bedeutet, sondern ebenso die Intensiv- und Notfallmedizin sowie die Schmerztherapie umfasst. „Es geht bei uns also nicht allein um schlafende Patienten“, sagt er, „sondern um den gesamten Prozess vor, während und nach einer Operation und darum, die Menschen, die wir behandeln, umfassend und holistisch zu verstehen und zu begleiten.“

Vor allem für die chirurgischen Fächer ist die Anästhesiologie eine wichtige Partnerin. „Aber es zählt nicht allein, ob eine neue Hüfte aus chirurgischer Sicht gut sitzt und eine Patientin ihre Operation gut überstanden hat“, erklärt Roland Francis. „Wir müssen uns daran messen lassen, wie es der Patientin langfristig geht. Neben der körperlichen zählt hier vor allem auch die geistige und soziale Gesundheit. Denn was nützt es, wenn nach der OP der geistige Zustand eingeschränkt ist, wenn das Denken, das Konzentrieren und die kognitive Leistung beeinträchtigt sind? Wie kann die Patientin so nach der OP im Alltag zurechtkommen? Wie ist ihre Lebensqualität?“, zählt Prof. Francis auf. „Daher erheben wir immer die individuellen Risiken, und daraus lassen sich dann Therapieindikationen ableiten und bewerten. Vor allem Studierende, die Ärztinnen und Ärzte von morgen, sollten ihren Fokus stärker darauf richten, welchen Wert eine Behandlung für eine Patientin oder einen Patienten hat und entsprechend mit ihr oder ihm zusammen entscheiden, was in der hoch technologisierten Medizin von heute sinnvoll ist und was nicht“, erklärt er. Eine besondere Herausforderung: die zunehmende Zahl älterer, multipel vorerkrankter Menschen. „Die Eingriffe werden umfangreicher und komplexer, und die Aufgabe meines Teams ist es, die Patientinnen und Patienten prä-, intra- und postoperativ so gut zu begleiten, dass wir für sie das bestmögliche Outcome erzielen.“

Prähabilitation vor einer OP

In diesem Zusammenhang bringt der Facharzt für Anästhesiologie das Konzept der Prähabilitation ins Spiel – als Gegenstück zur Rehabilitation. „Wenn Sie einen Marathon laufen, bereiten Sie sich wochenlang körperlich und mental darauf vor, damit Sie den Lauf optimal bewältigen. Warum sollten sich Patientinnen und Patienten nicht auf große Operationen ähnlich vorbereiten?“, fragt Roland Francis und erklärt: „Es macht einen riesigen Unterschied, wenn jemand bewusst in so etwas hineingeht, körperlich kräftiger und weniger ängstlich ist. Die Selbstheilungskräfte nach der OP werden stärker sein und das gesamte Resultat besser.“ Es brauche also neben der Rehabilitation nach chirurgischen Eingriffen auch die „Prähabilitation“ im Vorfeld, die u. a. tagesklinisch oder ambulant absolviert werden könne.

Gleiche Chancen für alle

Bezüglich seines Teams am Uniklinikum Erlangen legt Prof. Francis großen Wert auf eine offene, transparente Kommunikation, flache Hierarchien, Chancengerechtigkeit und ein interkulturelles Miteinander. „Ich möchte Diversität und Interkulturalität fördern und sehe hier in Erlangen sehr gute Grundlagen dafür, denn die Stadt ist sehr international.“ Die Integration ausländischer Pflegefachpersonen will der 46-Jährige etwa mit Gesprächsforen, Gruppenangeboten und einer kultursensiblen Arbeitsplatz- und Dienstplangestaltung vorantreiben. Frauen möchte der neue Klinikdirektor stärker dabei unterstützen, ihren Weg in die Klinik, die Wissenschaft und in ärztliche Führungspositionen zu finden – etwa durch familienfreundliche, lebensphasenbezogene Arbeitszeitmodelle.

Werdegang von Prof. Francis

Prof. Dr. Roland C. E. Francis studierte Humanmedizin an der Freien Universität Berlin und an der Humboldt-Universität zu Berlin und absolvierte seine klinische Ausbildung an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, die er dort 2003 als Forschungsarzt im Praktikum begann. Von 2009 bis 2011 absolvierte er einen Forschungsaufenthalt an der Harvard University und war am Massachusetts General Hospital in Boston (USA) tätig. Ab 2013 war Roland Francis erweiterte Klinikleitung und ab 2014 stellvertretender Direktor der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin am Charité Campus Virchow-Klinikum. 2016 nahm er dort den Ruf auf die W2-Professur für Anästhesiologie und Intensivmedizin an. Seit 1. Oktober 2022 hat er nun die Leitung der Anästhesiologie des Uniklinikums Erlangen inne. Ab 2018 war Prof. Francis u. a. Vorsitzender des Berliner Landesverbandes und damit erweitertes Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. und von 2018 bis 2021 deutscher Nationalvertreter der European Society for Intensive Care Medicine. Seit 2013 engagiert er sich in der Abteilung Studienförderung der Friedrich-Ebert-Stiftung, seit 2014 in der Deutschlandstiftung Integration, die sich für die Chancengleichheit von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland einsetzt.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Roland C. E. Francis
09131 85-33677
roland.francis(at)uk-erlangen.de