Direktorat Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jürgen Schüttler
Geboren am 19. Dezember 1953 in Bonn; 1974 - 1980 Studium der Medizin an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (RFWU); ab 1981 Assistenzarzt am Institut für Anästhesiologie der Universität Bonn (Stoeckel); 1982 Promotion zum Dr. med. (Klinische Pharmakokinetik von Fentanyl unter besonderer Berücksichtigung eines respiratorischen Rebound-Phänomens) (RFWU); 1982 - 1983 Postdoctoral Fellow am Department of Anesthesia der Stanford University School of Medicine, USA (Stanski, White); 1985 Facharztanerkennung für Anästhesiologie; 1985 Oberarzt am Institut für Anästhesiologie der RFWU Bonn; 1986 Habilitation (Pharmakokinetische und -dynamische Modellbildung für die intravenösen Anästhetika Ketamin, Etomidat und Propofol) und venia legendi für das Lehrgebiet Anästhesiologie (RFWU); 1990 Leitender Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie und spezielle Intensivmedizin der Universität Bonn; 1991 Ernennung zum apl. Professor; 1995 Berufung auf den Lehrstuhl für Anästhesiologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Direktor der Klinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Erlangen; 2004 Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität für Medizin und Pharmazie in Cluj-Napoca (früher Klausenburg), Rumänien.
Klinische Anästhesie
Die Klinken des Universitätsklinikums Erlangen waren bis vor wenigen Jahren noch großteils in überalterten Gebäuden untergebracht, die den heutigen Anforderungen weder funktionell noch hinsichtlich des Patientenkomforts mehr entsprachen. Die bauliche Erneuerung, die in den 70-iger Jahren mit dem Neubau der Kopfkliniken begann, wurde nun nach einer fast 20-jährigen Unterbrechung wieder mit Nachdruck vorangetrieben. Das Internistische Zentrum ist seit wenigen Jahren in vollem Umfang im neuen Gebäudetrakt in Betrieb gegangen. Seit 2013 ist nun auch das neue Chirurgische Bettenhaus in Betrieb. Mit dem Neubau des neuen operativen Funktionstraktes wird in Kürze begonnen. Dieser komplettiert dann das neue Chirurgische Zentrum. Die Anästhesiologische Klinik ist maßgeblich an den Planungsarbeiten beteiligt, insbesondere kann die Klinik bei der Diskussion der Dimensionierung der OP-Kapazitäten Leistungsdaten aus der Anästhesiedokumentation beitragen, da ein durchgängiges OP-Dokumentationssystem erst im Aufbau ist. Der Gerätebestand der Klinik bedurfte einer dringenden Erneuerung und konnte nahezu komplett durch mehrere Großgeräteanträge nach dem Hochschulbauförderungsgesetz auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden. Dadurch konnte eine deutliche Steigerung der Patientensicherheit aufgrund verbesserter Überwachungs- und Therapiemöglichkeiten erzielt werden. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass an jedem Anästhesiearbeitsplatz in den OPs und für jeden Behandlungsplatz auf der Intensivstation Neuromonitoring mittels EEG zur Verfügung steht, das ggf. durch weitere Verfahren wie TCD- oder EP-Messungen ergänzt werden kann. Das nach Übernahme des Lehrstuhls eingeführte Beleglesersystem für die Anästhesiedokumentation (Medlinq) wird derzeit - ebenfalls im Rahmen eines Großgeräteantrages - flächendeckend durch ein online-Dokumentationssystem (Narkodata) abgelöst. Durch die Übernahme der Interdisziplinären Operativen Intensivstation, zusätzliche Aufgaben im Bereich der Notfallmedizin und den erheblichen Zuwachs an Drittmittelstellen im Forschungsbereich wurde die Anästhesiologische Klinik zu einer der personalstärksten Einrichtungen des Universitätsklinikums Erlangen.
Schmerztherapie
Zwar können Schmerzpatienten mit schwierigen Erkrankungsmustern in der interdisziplinären Schmerzkonferenz vorgestellt und mit den beteiligten Kollegen Therapiemöglichkeiten und -strategien diskutiert werden, die Behandlung selbst wird dann jedoch bisher monodisziplinär ambulant oder stationär in den Kliniken für Anästhesiologie, Neurologie, Orthopädie und Psychiatrie durchgeführt. Da die aktuelle Versorgungssituation für chronische Schmerzpatienten auch im niedergelassenen Bereich in Mittelfranken unzureichend war, wurde vom Planungsausschuss für die Hochschulklinika in Bayern im Sommer 2001 ein Antrag des Universitätsklinikums Erlangen auf Schaffung eines Zentrums für interdisziplinäre Schmerztherapie (ZIST) einhellig begrüßt und seine Finanzierung - als eines der ganz wenigen neuen Projekte in Bayern - durch die Krankenkassen zugesagt. Die Räume für das Zentrum wurden 2003 in einer durch Umzug freigewordenen Etage des sog. Verbindungsbaus eingerichtet, in dem sich bereits die zentralen Räume der Klinik, die Abteilung für Experimentelle Anästhesiologie und die Anästhesie-Ambulanz befinden. Die Schmerzambulanz der Klinik konnte ebenfalls in diesem Bereich untergebracht werden, was zu Synergieeffekten führt und logistische Vorteile bezüglich des Personaleinsatzes bietet.
Intensivmedizin
Im Zuge einer notwendigen technischen Sanierung des zentralen Operationstraktes der Chirurgischen Klinik konnte bereits kurz nach dem Lehrstuhlwechsel auch die Interdisziplinäre Operative Intensivstation komplett saniert werden. Sie bietet nach der Neugestaltung heute - auch der Gerätebestand konnte im HBFG-Verfahren erneuert werden - das gesamte Spektrum intensivmedizinischer Überwachungs- und Behandlungsmöglichkeiten auf den neuesten Stand der Technik und präsentiert sich in einer freundlichen, patientenzugewandten Atmosphäre.
Notfallmedizin
Neben dem Notarztdienst, der durch Abschluss eines Vertrages zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Mittelfranken und dem Rettungszweckverband Nürnberg nach einigen Diskussionen in den zurückliegenden Jahren jetzt längerfristig an die Klinik für Anästhesiologie gebunden ist, wurde 2001 im Gebiet des Rettungszweckverbandes Nürnberg offiziell das Leitende Notarzt-System installiert. Den Dienst am Standort Erlangen (zuständig für das Stadtgebiet Erlangen und den Landkreis Erlangen-Höchstadt) teilen sich Ärzte der Klinik für Anästhesiologie und Kollegen aus Höchstadt. Die Klinik für Anästhesiologie hat diesen Dienst im Rahmen eines Modellprojekts bereits seit 1996 aufgebaut und durchgeführt. Die Erfahrungen am Standort Erlangen sind bei der Bayernweiten Einführung des Leitenden Notarztes mit eingeflossen. Der seit November 1998 in Erlangen stationierte Intensivtransportwagen (ITW) wurde durch ein Pilotprojekt mit dem Bayerischen Roten Kreuz initiiert und ist mit Ärzten der Klinik für Anästhesiologie besetzt. Weiterhin wurde ein innerklinisches Notfallversorgungssystem etabliert und die Konzeption für die Katastrophenplanung des Klinikums erarbeitet mit einem der modernsten computergesteuerten nachrichtentechnischen Alarmierungssysteme. Neben intensiven Forschungsaktivitäten (Reanimations- und Ischämie-Forschung, Multicenter-Studien) unterstützen eine Reihe von Kursen und Symposien die Bemühungen um eine konsequente Fortentwicklung der Notfallmedizin.
Studentische Lehre und Weiterbildung
Im Rahmen seiner Berufung wurden Schüttler die Mittel für die Beschaffung eines sog. "Full scale-Simulators" bewilligt. Der "Erlanger Anästhesie-Simulator", der anlässlich der Antrittsvorlesung von Schüttler am 22.06.1996 in Betrieb genommen werden konnte, war die erste derartige Einrichtung in der deutschen Anästhesiologie. Der Simulator ist heute durchgängig sowohl in der studentischen Ausbildung als auch in der ärztlichen Weiter- und Fortbildung im Einsatz. Der Initiator des Erlanger Anästhesie-Simulators und seine Arbeitsgruppe wurde mit dem Preis für gute Lehre 2001 des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst für dieses besonders innovativen Lehrkonzept ausgezeichnet. Das Konzept des "Klinischen Propädeutikums" erfuhr inzwischen durch die Einbeziehung des Anästhesie-Simulators eine konsequente Weiterentwicklung. Wesentliche Kenntnisse und Fertigkeiten können besser am Simulator eingeübt und trainiert werden. Deshalb steht heute am Anfang der Weiterbildung ein Simulatorkurs, der die jungen Mitarbeiter systematisch auf den Einstieg in die klinische Praxis vorbereitet. Die Arbeit am Simulator begleitet die Mitarbeiter nicht nur wiederkehrend während der Weiterbildungszeit, sondern dieses Instrument hat seinen Wert auch bereits für die Fortbildung nachhaltig erwiesen, insbesondere für das sog. "Crisis Resource Management (CRM)", bei dem es um den Erwerb und das Training der fachlichen und menschlichen Kompetenzen für den Umgang mit anästhesiologischen Krisensituationen geht. Die Tradition der Erlanger Fortbildungsveranstaltungen, Kongresse und Symposien wurde konsequent fortgesetzt z.B. durch die Jahrestagung der European Society for Computing and Technology in Anaesthesia and Intensive Care (1997) sowie Symposien zur Intravenösen Anästhesie (1996) oder zum Stellenwert von Stickoxydul (2000). Das Konzept der Hands on-Ausbildung durch Hospitationskurse in der Erlanger Klinik in den Bereichen Totale Intravenöse Anästhesie, Schmerztherapie, Anästhesie-Zwischenfallmanagement, Sepsis-Therapie und Notfallmedizin wurde erheblich intensiviert, so dass im Schnitt fast jede Woche ein Kurs mit 9 - 20 externen Teilnehmern stattfindet.
Forschung
Nach dem Amtsantritt von Schüttler wurde die Schwerpunktsetzung in der Forschung erweitert und konnte durch die Neueinrichtung einer Professur für Experimentelle Anästhesiologie verstärkt werden, die im Juni 1996 mit Prof. Dr. Dr. Helmut Schwilden besetzt wurde.